Wenn du mich suchst, ich bin im Wandel
- Irina Katinka Horvath
- 23. Juli 2023
- 5 Min. Lesezeit
Gastvlogbeitrag von Elif Schleiniger
Das trifft es momentan sehr genau…Nichts ist ja bekanntlich so konstant wie der permanente Wandel.
Ich befinde mich wieder mal in diesem Wandel.
Umgeben von unglaublich vielen Konstanten.
Und dennoch spüre ich, dass sich so Manches in mir verändert. In Veränderung bin ich definitiv schon seit ich Kind bin. Mit vielleicht fünf oder sechs Jahren hat sich mein kindliches Wesen in ein erwachsenes Wesen gewandelt. Ich würde behaupten, dass ich das noch ziemlich genau weiss.
Ich bin heute da, als erwachsene Frau, und bezeichne mein Leben als erfolgreich. Ich bin meinem Herzen gefolgt. Ich bin seit 15 Jahren selbstständig und arbeite mit Pferden zusammen.
Meine tiefe Liebe zu diesen Tieren hat mich immer getrieben. Nein, ich war noch nie das kleine Pferdemädchen bei dem ein «Jöö-Effekt» losging, kaum sah ich Pferde.
Es war etwas anderes.
Als Kind beobachtete ich einfach nur die unglaubliche Schönheit dieser Tiere. Diese Eigenständigkeit, dieses Wilde, Freie und Ungestüme. Der Gedanke daran, es einmal reiten zu können, löste in mir Bauchkribbeln aus.
Es hat mich fasziniert.
Es hat mein Herz berührt.
Meiner Mutter musste ich ständig erklären, wie wichtig es für mich war zu reiten. Für meine Psyche. Das wusste ich damals schon. Sie verstand es zwar nicht, unterstützte mich jedoch wo sie konnte.
Aus einer Familie kommend, die rein gar nichts mit Tieren am Hut hatte, war es aufwendig, Reitunterricht, Ställe, Höfe, Gelegenheiten zu finden, um meinem Herzenswunsch nachzugehen.
Irgendwie ging es aber.
Das Fahrrad war jahrelang mein bestes Verkehrsmittel und ich verbrachte Stunden und Tage mit den Pferden. Irgendwann wurde ich Erwachsen. Und wie das so ist, wenn man erwachsen wird, wird alles auch etwas unromantischer und trockener.
Geprägt von einem arbeitstüchtigen, perfektionistischen Zuhause, gekoppelt mit meinem immer anderen Gefallen wollenden Ego, schloss ich irgendwann mein Studium ab. Ein längerer Aufenthalt in den USA prägte mich immens für viele kommenden Jahre. Ich spürte, was ich als kleines Kind so liebte. Freiheit, mich selber, die grosse Sehnsucht mit Pferden zu arbeiten. In the land of free, fühlte ich mich zu Hause und verstanden.
Ich war auf der Suche und wagte den Sprung ins kalte Wasser.
Zwar wieder erst ein paar Jahre und Erfahrungen später, doch dieses Gefühl lies mich nicht mehr los. Diese bewusste Vertrauensgefühl, dass das Leben schon für mich spielt…Und so wagte ich es, den Bettel hinzuschmeissen, Schulden zu machen und ein Praktikum für ein Jahr in einem Westernstall in der Schweiz zu absolvieren.
Ich genoss es:
Jeden Tag Pferdmist.
Jeden Tag die Boxen reinigen.
Es war für mich Meditation.
Am Abend nach getaner Arbeit den fressenden Pferden zuzuhören, war für mich Glücksgefühl pur. Ich blieb hängen. Definitv.
Das Leben spielte mir wieder in die Hand und ich lernte meinen heutigen Mann, meinen Seelenpartner kennen. Auch seine Liebe zu den Pferden prägt unserer Beziehung bis heute.
Ich war gut in der Arbeit mit den Pferden.
Schnell war es klar, dass ich Spass hatte mit den Pferden an sportlichen, nationalen und internationalen Anlässen teilzunehmen.
Dann kam der Erfolg.
Und auch der Druck.
Tägliches Reiten, Kundenpferde, Reitstunden, etc. Ich war und bin erfolgreich.
Nun, was bedeutet das denn jetzt?
Wie schon oben erwähnt, ich fühle mich erfolgreich. Mindestens im Aussen. Und wieder durfte ich über die Pferde erfahren, wie ich als erfolgreiche Person im Aussen wirke.
Knallhart und schonungslos wurde mir das aufgezeigt, dank der wundervollen Ausbildung zum pferdegstützten Coach, die ich nun mache.
Ich habe mich entschieden, mein «Warum» zu hinterfragen.
Warum macht mir der Pferdesport Spass? Warum liebe ich es mit den Pferden auf der Showbühne zu stehen? Warum erfüllt es mich mit Freude Pferde-Reiterpaare an die Spitze zu begleiten. Warum muss die Beziehung Pferd-Reiter-Trainier so eng sein? Was spiegelt uns das Pferd? Warum ist das Wesen der Pferde so unglaublich UNvergleichbar mit anderen Wesen? Warum will ich pferdegestützes Coaching anbieten?
Was kann ich aus der ganzen Fragerei mitnehmen? Was sind zentrale Gemeinsamkeiten, worin liegen die Unterschiede im Beantworten des «Warum?»
Wollen wir Menschen nicht einfach nur Anerkennung und Liebe für all unser Tun und Werken? Ich bin mir sicher, niemand kann dies verneinen.
Nun habe ich feststellen müssen, dass ehrliche Liebe und Anmerkung wir uns nur selber geben können. Tja, das tönt jetzt so simpel. In Wahrheit ist sie für mich die grösste Herausforderung momentan. Wir können noch so erfolgreich im Aussen sein, aber wenn wir nicht uns selber ehrlich respektieren, achten und anerkennen, bleiben wir unbefriedigt. Egal wieviel Geld wir verdienen, wieviele Pokale wir gewinnen, wieviele Titel wir tragen. It’s a never ending story.
Also reflektiere ich mich ganz ganz krass und frage mich, wann ich meine Erfolge im Reiten feiern konnte. Und meine Antwort lautet: Immer dann, wenn ich meinen Pferden auf gleicher Augenhöhe begegnet bin. Mich mit niemanden verglich und ganz bei mir selbst war. Dann haben sie mir immer alles gegeben. Deshalb sind die Pferde so unvergleichbar eigen. Man kann sie nicht manipulieren. Sie unterscheiden nicht zwischen arm und reich, oder den mag ich und denn mag ich nicht. Sie sind einfach. Und sie kennen nur schwarz oder weiss. Nicht ein bisschen. Sie folgen der Energie, die wir aussenden. Und sie zeigen uns immer wieder auf, wie wir gerade mit uns selbst umgehen.
Diese Klarheit kenne ich sehr gut von mir selber.
In meinem tiefen Herzen bin ich undiplomatisch und habe die Gabe den Menschen auf eine selbstverständliche Weise ihre eigenen Fallen in ihrem Leben aufzuzeigen. Lange hat mich dieser Zug von mir geärgert. Denn er enthält Konfliktpotenzial. Die einen können damit umgehen, andere fühlen sich schnell gekränkt. Über die Ausbildung zum pferdgestützen Coach habe ich einen genialen Weg gefunden mein intuitives Wissen zu kanalisieren und auszudrücken. Ich kann auf simple Art das Pferd als Mittel nehmen, um dem Klienten aufzuzeigen was abgeht. Meine Worte sind dann unbedeutend. Es ist “nur“ eine Analyse der Situation mittels Pferd.
Gerade diese Qualitäten motivieren mich immens nicht nur an Pferd-Reiterpaaren zu arbeiten, sondern ganz generell mit Menschen zu teilen, die in ihrem Leben in irgendeinem Bereich anstehen oder einfach nicht in ihr Potenzial kommen. Die Pferde in meinem Leben sind und bleiben eine Reise zu mir selbst. Sie zwingen mich hinzuschauen und über mich zu lernen. Dadurch darf ich einen Beitrag sein, um anderen auf ihrem Weg zu begleiten, die für gewisse Abschnitte von ihrem eigenen Pfad abgekommen sind.
Ich freue mich unglaublich auf mein neues und ergänzendes Abenteuer im Bereich Coaching. Unabhängig vom Pferdesport. Oder auch nicht:-)
Zur Autorin:

Elif Schleiniger ist ausgebildete Oberstufenlehrperson und hat mehrere Jahre im 10. Schuljahr unterrichtet. Seit 15 Jahren ist sie selbstständige Pferdetrainerin, hat ihre Passion zum Beruf gemacht und lebt mit ihrer Familie auf einem wunderschönen Hof im Oberaargau.
In den letzten Jahren wurde sie mehrfache Europa und Vizeeuropameisterin in verschiedenen Disziplinen im Bereich Westernsport. Sie ist Coach und Mentor an den Turnieren, wo sie diverse Kunden begleitet und Jugendtrainerin der Schweiz.
Zur Zeit befindetet sie sich in der Ausbildung zum pferdegestützen Coach nach Christine Wenger. Dies, weil es ihr ein grosses Bedürfnis ist, Menschen generell aufzuzeigen, wo ein möglicher Weg für sie sein könnte und wo sie sich wieder finden können.
Das Coaching ist für jegliche Personen anwendbar und hat nichts mit Pferdekenntniss zu tun. Das Pferd wird als neutrales Wesen benutzt um in kurzer Zeit die Situationen der jeweiligen Person aufzuzeigen. Gemeinsam wird ein Lösungsweg erarbeitet.
Elif ist erreichbar unter: www.alpinewesternhorses.ch
Welch schöne Idee und Weiterentwicklung deiner Arbeit. Ich bin überzeugt, dass viele dieses Angebot weiterbringen wird. Potentialentfaltung-so wichtig❤️.